Lernt der Mensch, lernt auch die Maschine

Wolfram Burgard entwickelt intelligente autonome Systeme – seine Algorithmen für selbstfahrende Roboter sind bis heute der Goldstandard

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Obelix und sein Erfinder: „Es macht einfach Spaß, etwas zu programmieren, das in der echten Welt funktioniert“, sagt Wolfram Burgard.

Mit seinen Robotern hat der Freiburger Informatikprofessor Wolfram Burgard bereits eine Menge medialer Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Viel beachtet rollte Obelix 2012 selbstständig durch Freiburgs Innenstadt – mühelos bahnte er sich den Weg von der Technischen Fakultät bis zum Bertoldsbrunnen. Wie viel Forschungsaufwand und Kleinarbeit hinter solch einem Projekt stehen, wird da erst einmal nicht sichtbar. Autonome Systeme auf der Basis Künstlicher Intelligenz werden in vielen Lebensbereichen immer wichtiger – die Forschung auf diesem Gebiet wird stark vorangetrieben. Wolfram Burgard erhielt bereits 2010 einen ERC Advanced Grant. Damit hat er eine Methode entwickelt, mit der Roboter zuverlässiger navigieren können. Das zehnte Jubiläum der ERC-Grants und ihre 50 Preisträgerinnen und Preisträger feiert die Albert-Ludwigs-Universität mit einem Einblick in ausgewählte Projekte: Eine Serie stellt zehn Köpfe im Porträt vor.

„Damals war mir der ERC Grant fast ein bisschen viel“, gibt Wolfram Burgard mit einem Augenzwinkern zu. Kurz zuvor hatte er den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis erhalten. Und Forschungsmittel sinnvoll und effektiv einzusetzen und zu verwalten erfordert auch eine Menge Arbeit. 2,5 Millionen Euro standen dem Forscher für fünf Jahre zur Verfügung. „Das Ziel in unserem Projekt LiveNav war es, dass ein Roboter alleine über Waldwege auf den Schauinsland fahren kann“, erklärt der Wissenschaftler. Gemeinsam mit seinem Team hat Burgard Verfahren entwickelt, die die Navigation der Roboter zuverlässiger machen. Eine intelligente Off-Road-Maschine fuhr 2015 autonom vom Parkplatz der Bergstation bis zum Aussichtsturm auf dem Gipfel.

Der Weg dorthin war allerdings nicht nur im wörtlichen Sinne steinig. Die Basis dafür ist eine Karte, die der Roboter lernen muss, um sich in einer Umgebung orientieren zu können. Mit zahlreichen Kameras, Ultraschall- und Lasersensoren tastet die Maschine ihr Umfeld ununterbrochen ab, um ihre Position zu bestimmen. „Das Problem ist, dass die Welt sich ständig ändert“, erklärt Burgard. Der Roboter hat grundsätzlich Schwierigkeiten, Dinge zu erkennen. Das mache die Karte weniger zuverlässig und nützlich. Damit der Roboter seine Umwelt tatsächlich erkennt, muss er mit einer riesigen Menge von Bilddaten ausgestattet werden. Für die Strecke auf den Schauinsland wurden zigtausende von Bildern gemacht, die die Umgebung in verschiedenen Jahreszeiten, Tageszeiten und Perspektiven speichern.

Gute Hypothesen werden gespeichert

„Der Roboter prüft ununterbrochen jede Hypothese darauf, wie gut sie auf die Messung in der Karte passt. Dabei vermehren sich die guten Hypothesen, die schlechten sterben aus.“ Dafür braucht es viel Statistik und komplexe Algorithmen, die Burgard mit seinem Team entwickelt hat. Mit diesen lässt sich die Umgebung relativ genau klassifizieren. Anders gesagt: Auf diese Weise wird sie für den Roboter lesbar und erkennbar. Trotzdem fährt der Roboter immer mal wieder falsch. Doch er kann dazulernen – wenn seine Schöpfer die Fehler gründlich analysieren. „Wir schauen uns genau an, warum er an welchen Stellen falsch gefahren ist und ergänzen dann zum Beispiel fehlendes Bildmaterial“, erklärt Burgard. Es könne ja etwa sein, dass die Winteransicht einer bestimmten Stelle fehle und Obelix deswegen die Orientierung verliere.

Für den Informatiker Wolfram Burgard sind Roboter das ideale Forschungsfeld. „Es macht einfach Spaß, etwas zu programmieren, das in der echten Welt funktioniert“, sagt er. Angefangen hat er mit Softwaretechnik. Als er im Laufe seiner Arbeit zufällig mit Robotern in Berührung kam, ist der Funke sofort übergesprungen, und Burgard wechselte die Disziplin. Inzwischen hat er viele Erfolge vorzuweisen. „Die von uns entwickelten Verfahren sind bis heute der Goldstandard“, sagt er. Zahlreiche Automobilunternehmen und Zulieferer nutzen seine Algorithmen, um im Bereich des autonomen Fahrens Fortschritte zu erzielen. Die für die Roboter entwickelten Karten ermöglichen eine präzisere Positionsbestimmung als mit GPS. Auch das autonom fahrende Google-Auto orientiert sich anhand solcher Karten.

Burgards wissenschaftliche Vision ist es allerdings, dass die autonomen Systeme lernen, ohne mit Karten zu navigieren. Stichwort: „Deep Learning“. Hier dienen neuronale Netze als Vorbild; der Roboter soll lernen, Daten, die er über die Sensoren bekommt, direkt auf Aktionen zu übertragen. Bei dieser Technik stehen Wolfram Burgard und sein Team noch am Anfang. Ein weiterer ERC Grant würde sicher für den nötigen Antrieb sorgen.

Petra Völzing

Foto: Thomas Kunz

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