Können wir dem Gehirn beim Hören zusehen?

Schülerinnen und Schüler der Schüler-Ingenieur-Akademie entdecken, was unsere Hirnaktivität verrät.

Am Freitag, 12.05.23, besuchten Schülerinnen und Schüler des Rotteck-Gymnasiums und des Kepler-Gymnasiums Freiburg die Technische Fakultät und erhielten an der Professur für Mikroelektronik von Prof. Matthias Kuhl einen spannenden Einblick in die Mikroelektronik und neue mikrosystemtechnische Lösungen.

Von Armin Bartels, Doktorand der Professur, wurden einige der aktuellen medizintechnischen Forschungsprojekte präsentiert, z.B. Microchips zum Informationsaustausch mit Nervenzellen, also der Messung oder Stimulation neurologischer Aktivität, oder Sensorchips zur Messung komplexer mechanische Stressprofile, um die sechs Komponenten des Kraft- und Drehmomentvektors eines Körpers zu bestimmen. Einsatzmöglichkeiten solcher Chips sind Robotikgreifer mit fast menschlichem Fingerspitzengefühl, die Messung der Knochenheilung in Osteosynthese-Implantaten, oder sogenannte „Smart Brackets“, intelligente Zahnspangen, die Kräfte und Momente auf einzelne Zähne während einer kieferorthopädischen Behandlung erfassen können.

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt sind Hörprothesen und wie diese unser Gehirn beeinflussen. Dr. Nicole Roßkothen-Kuhl, Leiterin des Neurobiologischen Forschungslabors des HNO-Universitätsklinikums Freiburg, hat die Schülergruppe in die Biologie des Gehörs eingeführt und die Brücke zur Neurotechnologie geschlagen. Denn das menschliche Hörorgan besteht nicht nur aus den akustisch-mechanisch funktionierenden Bereichen Außenohr (Ohrmuschel, äußerer Gehörgang, Trommelfell) und Mittelohr (Paukenhöhle mit den Gehörknöchelchen Hammer, Amboss und Steigbügel), sondern auch aus dem Innenohr (Cochlea), in dem mechanische Schwingungen in elektrisch Signale umgewandelt werden. Das Innenohr ist über den Hörnerv mit dem Hirnstamm verbunden. Im Gehirn wird die ursprünglich akustische Information dann in sieben verschiedenen Hirnregionen elektrisch weiterverarbeitet. Ein ABR-Test (Auditory Brainstem Response) kann die Nervenaktivität eines großen Bereichs der Hörbahn messen.

Wie läuft ein ABR-Test ab?

Wie ein ABR-Test funktioniert, durften einige der Schülerinnen und Schüler selbst ausprobieren. Inka Schönfeld, Master-Studentin des Studiengangs „Embedded Systems Engineering“ (ESE) und wissenschaftliche Hilfskraft an der Professur für Mikroelektronik, hat ein solches Testsystem entwickelt und die Versuchspersonen konnten die Nervenaktivität ihres Hörnervs analysieren lassen. Jeweils eine Elektrode wurde auf der Stirn und hinter dem rechten und linken Ohr angebracht. Die Elektroden messen kleinste Änderungen der elektrischen Aktivität auf der Hautoberfläche, so dass diese vom ABR-System analysiert werden können. Dabei wird nach bestimmten Mustern gesucht, welche auf eine normale Umwandlung von Schall in elektrische Aktivität und deren Verarbeitung durch den Hirnstamm hinweisen. Wichtig ist, dass sich die Testpersonen während der Messung entspannen können, denn ansonsten überlagern selbst kleinste Muskelbewegungen z.B. des Nackens, der Stirn oder selbst der Augen, die empfindlichen ABR-Messungen und machen eine Auswertung unmöglich.

Warum braucht man einen ABR-Test?

ABR-Messungen kommen zur Anwendung bei der Diagnose von neurologischen Anomalien, helfen bei der Einschätzung der Hörfähigkeit und eigenen sich zur Diagnose von Schwerhörigkeit und Tumoren.

Während die eine Gruppe den ABR-Test durchführte, durfte die andere in der Werkstatt Mikrochips im Detail erkunden und sich beim Löten immer kleinerer SMD-Baureihen versuchen.

Die Praxisteile haben den Schülerinnen und Schülern besonders viel Spaß gemacht. Die gemeinsame Vorstellung der Themen durch eine Studentin des ESE-Studienfachs, einen Doktoranden der Mikroelektronik und eine Laborleiterin der Neurobiologie konnte mitreißend begeistern und verleitete einen der Teilnehmenden zu der Rückmeldung, dass er es als „Luxus“ empfunden hat, von so vielen Experten Infos erhalten zu dürfen.

Kontakt:

Prof. Dr. Matthias Kuhl
Professur für Mikroelektronik
Institut für Mikrosystemtechnik – IMTEK
E-Mail: Matthias.Kuhl@imtek.uni-freiburg.de

Kerstin Steiger-Merx
Referentin PR/Marketing
Technische Fakultät
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-8056
E-Mail: steiger-merx@tf.uni-freiburg.de