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Freiburg, 18.03.2019
Im Jahr 2015 haben die Albert-Ludwigs-Universität und die fünf Freiburger Fraunhofer-Institute das Leistungszentrum Nachhaltigkeit gemeinsam gegründet. Seit Januar 2019 läuft die zweite Förderphase, in der es nach der Grundlagenforschung nun auch die zweite Säule stärken will – die anwendungsorientierte Forschung. Ein Kickoff-Meeting am 28. März 2019 informiert über die geplanten Vorhaben.
Rettungswege nach einem Erdbeben finden, Risse in Brücken aufspüren, vom Borkenkäfer befallene Bäume identifizieren, Schneemengen erfassen und dadurch Hochwasser vorhersagen: Mit Methoden der Fernerkundung lassen sich Daten sammeln, die es ermöglichen, Gefahren frühzeitig zu erkennen und Katastrophenlagen besser zu bewältigen. „Es wird immer wichtiger, die Umwelt zu beobachten, um gegen negative Veränderungen vorgehen zu können“, betont Barbara Koch, Professorin für Fernerkundung und Landschaftsinformationssysteme am Institut für Forstwissenschaften der Universität Freiburg. Doch der Einsatz von Flugzeugen, die mit Kameras und Laserscannern bestückt sind, ist aufwändig und teuer. Ein Forschungsteam in Freiburg entwickelt daher eine effiziente, schnelle und kostengünstige Alternative: „Ziel ist ein Sensorsystem, das so klein und leicht ist, dass es auf eine unbemannte Flugplattform passt“, erklärt Prof. Dr. Alexander Reiterer, Leiter der Abteilung Objekt- und Formerfassung am Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik (IPM) und Professor für Monitoring von Großstrukturen am Institut für Nachhaltige Technische Systeme (INATECH) der Universität Freiburg. Angesiedelt ist ihr gemeinsames Vorhaben am Leistungszentrum Nachhaltigkeit, das mit einem Kickoff-Meeting im März 2019 in seine zweite Förderphase startet.
Exzellente Grundlagenforschung
2015 haben die Albert-Ludwigs-Universität und die fünf Freiburger Fraunhofer-Institute das Leistungszentrum Nachhaltigkeit gemeinsam gegründet. Es bündelt die Kompetenzen der Partner auf vier Forschungsfeldern: Werkstoffe, Energiesysteme, Resilienz sowie ökologische und gesellschaftliche Transformation. Koordinatoren sind Prof. Dr. Stefan Hiermaier, Direktor des INATECH und des Fraunhofer-Instituts für Kurzzeitdynamik, Ernst-Mach-Institut (EMI), und Prof. Dr. Gunther Neuhaus, Prorektor für Forschung und Innovation der Universität Freiburg. „Bis 2015 hatten Universität und Fraunhofer vereinzelte Kooperationen, die aber eher zufällig zustande kamen. Jetzt arbeiten wir strategisch zusammen“, berichtet Hiermaier. In der ersten Förderphase bis Ende 2018 haben zwölf Pilotprojekte, jeweils geleitet von einer Wissenschaftlerin oder einem Wissenschaftler aus der Universität und aus einem Fraunhofer-Institut, Themen der Grundlagenforschung adressiert. „Damit ist es uns gelungen, wissenschaftliche Exzellenz aufzubauen und uns als Akteur in der Nachhaltigkeitsforschung bundesweit zu etablieren.“
MulDiScan, das erste gemeinsame Vorhaben von Koch und Reiterer, war eines dieser Pilotprojekte. „Wir wollten zunächst zeigen, dass unsere Idee grundsätzlich umsetzbar ist, und unterschiedliche Sensor- und Kamerasysteme ausprobieren, um künstliche und natürliche Objekte möglichst exakt zu erfassen“, berichtet Reiterer. „Wir hatten aber so ein hervorragendes Team, dass wir viel schneller vorangekommen sind als ursprünglich erwartet.“ Die Rollen im Projekt waren klar verteilt: Die Gruppe um Reiterer konstruierte das verkleinerte Messsystem, die Gruppe um Koch definierte die Anforderungen aus Nutzerperspektive und wertete die gewonnenen Daten aus. Heraus kam ein System aus einem Laserscanner und zwei Kameras, die nach unten gerichtet sind und linienartig in einem Öffnungswinkel von 90 Grad messen. Fliegt die Plattform also beispielsweise in 80 Meter Höhe über einer Ebene, ist der gemessene Streifen 160 Meter breit. So lässt sich ein Gebiet Streifen für Streifen abfliegen. Zu jedem Pixel, den die Kamera aufnimmt, ermittelt der Laserscanner den Abstand. Das Gelände lässt sich damit punktgenau und in Farbe rekonstruieren, sagt Reiterer: „Das digitale Modell sieht aus wie eine 3-D-Landschaft in einem Computerspiel.“
Brücke zur Anwendung
In der zweiten Förderphase bis Ende 2020 will das Leistungszentrum nach der Grundlagenforschung nun auch die zweite Säule stärken: die anwendungsorientierte Forschung. Im Fokus stehen alle fünf Transferpfade – Industrieprojekte, Patente, Transfer durch Köpfe, Start-ups, Weiterbildung. Eine zentrale Rolle spielen so genannte Demonstratorprojekte. „In der Grundlagenforschung soll ein Proof of Concept zeigen, ob eine Idee umsetzbar ist – unabhängig davon, ob das Ergebnis industriefähig ist oder nicht. Darauf folgen jetzt Projekte, an deren Ende ein Demonstrator steht, mit dem man in die Produktion gehen kann“, erklärt Prof. Dr. Gunther Neuhaus, Prorektor für Forschung und Innovation der Universität Freiburg und ebenfalls Koordinator des Leistungszentrums. Acht solcher Vorhaben laufen seit Januar 2019. Sie sollen der Industrie helfen, Entwicklungsschritte möglichst nachhaltig zu gestalten – zu Themen wie klimaschonende und gesundheitsfördernde LED-Beleuchtung am Arbeitsplatz, langlebige Verschleißteile in der industriellen Produktion oder recyclingfähige, im 3-D-Drucker herstellbare Verbundwerkstoffe.
Im Demonstratorprojekt SwInG setzen Koch und Reiterer ihre gemeinsame Arbeit fort. „Wir können mit einer sehr gut ausgearbeiteten Hardware loslegen und regelmäßig fliegen“, sagt Reiterer. Nun geht es darum, die Berechnungen zu verfeinern. Eine Herausforderung ist etwa, die Position der Sensoren während des Flugs noch exakter zu bestimmen und dadurch ein noch genaueres Geländemodell erzeugen zu können. Ebenso gilt es, die Programme zur automatisierten Datenauswertung weiter zu verbessern. Die Marktfähigkeit ist indes schon bewiesen: Drei Systeme sind verkauft und bei Firmenkunden im Einsatz. Das Beispiel zeigt damit, wie die strategische Allianz von Universität und Fraunhofer Impulse in die Forschung geben kann, die in einen erfolgreichen Transfer münden. „Durch das Leistungszentrum haben wir erste Gespräche miteinander geführt und den gemeinsamen Projektantrag auf den Weg gebracht“, bestätigt Reiterer. Die Teamarbeit über Fächergrenzen hinweg war die Basis für die erreichten Innovationen, unterstreicht Koch: „Ein solches Projekt hätten wir allein aus unserer Fakultät heraus nicht umsetzen können.“
Langfristige Perspektive
Das Leistungszentrum Nachhaltigkeit ist ein wesentlicher Baustein der übergreifenden universitären Strategie, die unter dem Motto „Connecting Creative Minds“ die Kooperation zwischen Forscherinnen und Forschern inner- und außerhalb der Universität sowie mit Wirtschaft und Gesellschaft stärken will. „Es ist für mich einer unserer Leuchttürme mit bundesweiter Vorbildfunktion, was die Zusammenarbeit zwischen einer Universität und außeruniversitären Forschungseinrichtungen betrifft“, betont Neuhaus. Die Fraunhofer-Gesellschaft hat das Leistungszentrum schon im Januar 2018 positiv evaluiert. Ziel ist nun, es bis Ende 2020 zu einer handlungsfähigen juristischen Person zu entwickeln – und damit auch die Voraussetzung für eine langfristige Förderung seitens des Bundes und des Landes Baden-Württemberg zu schaffen.
Nicolas Scherger
www.leistungszentrum-nachhaltigkeit.de
Kickoff im Kreativpark
Das Leistungszentrum Nachhaltigkeit informiert am 28. März 2019 ab 15:30 Uhr bei einem Kickoff-Meeting im Kreativpark Lokhalle Freiburg über die geplanten Aktivitäten in der zweiten Förderphase – insbesondere über die Forschungs- und Entwicklungsvorhaben der so genannten Demonstratorprojekte. Neben den beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern werden Vertreterinnen und Vertreter des Wissenschaftsministeriums sowie des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg, der Stadt Freiburg, der Fraunhofer-Gesellschaft, des Rektorats der Universität und der regionalen Wirtschaft erwartet. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen.
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